Seit 2017 bin ich die meisten Touren mit Anhänger unterwegs. Das kommt zum einen daher, dass ich inzwischen deutlich mehr Zeit dafür habe und deshalb keine Distanzen von im Schnitt 100 km pro Tag mehr fahren muss und zum anderen, dass ich inzwischen mehr Technik und auch einen Kocher dabei habe. Also kann (und muss) ich mehr Stauraum vorhalten; dabei stieß ich mit den normalen Packtaschen an die Grenzen…
Ursprünglich wollte ich einen Anhänger mit nur einem Hinterrad wie den recht bekannten BOB Yak, jedoch wollte der Hersteller mir keinen Nabendynamo hinten einbauen. Zu viel Aufwand, Gewährleistung, was auch immer. Ein Nabendynamo am Anhänger war für mich Grundvoraussetzung, da ich unterwegs einen gesteigerten Strombedarf habe. Also suchte ich weiter und fand den aidoo in der zweispurigen Nachläufer-Version. Dieser wird optional mit zwei Nabendynamos an den Rädern angeboten. Volltreffer.
Dann habe ich den hinteren Teil des Anhängers etwas modifiziert und zwei wasserdichte Plastikboxen aufgeschraubt. Diese waren auch abschließbar. Während der Dänemark-Tour zeigte sich aber, dass zwei kleine Boxen recht unpraktisch waren: 4 fummelige Vorhängeschlösser und zu wenig Platz/Volumen für größere Gegenstände. So habe ich sehr lange nach einer großen langen robusten wasserdichten abschließbaren Plastikbox gesucht und letztendlich mit dem Storm Case iM2306 von PELI auch exakt passend gefunden.
Die große Box nimmt nun den Forumslader für die beiden Nadys auf, welchen mir Jens During extra für zwei Stromeingänge konstruiert hat (dank Bluetooth BLE lässt sich der Ladestand bequem vom Fahrradsattel aus prüfen). Per USB-Stecker an den drei Ausgängen des Kraftpakets mit 12 Zellen sind während der Fahrt permanent das Rücklicht des Anhängers, ein Bluetooth-Lautsprecher und zwei LED-Suchscheinwerfer eingesteckt. Zusätzlich habe ich noch einen von außen bedienbaren Druckschalter angebracht, damit der Lautsprecher nicht ständig geladen wird.
Zusätzlich enthält die Box auch noch den Sherpa 100 von Goal Zero – das ist der Akku, der an das Solarpanel Nomad 28 Plus des amerikanischen Unternehmens angeschlossen wird. Ich habe dieses Produkt gewählt, da es zwar nur knapp 100 Wh fassen kann (im Vergleich zum Forumslader mit knapp 130 Wh), jedoch auch relativ starke Ströme mit höheren Spannungen ausgeben kann (12 V Zigarettenanzünder-Anschluss, 19-20 V für Notebooks und optional sogar 220 V Steckdosenanschluss) – dies wird interessant für ein noch anzuschaffendes kleines Notebook und die angedachte DJI-Drohne, die ebenfalls noch in der Box schnell greifbar Platz finden soll.
Update: Seit der Niederlande-Tour 2022 habe ich das Nachfolgemodell Sherpa 100 AC von Goal Zero an Bord. Die Kapazität von 95 kWh blieb gleich bei etwas flacherem, länglicheren Design. Hauptvorteil ist, dass das Gerät nun über zwei USB-C-Anschlüsse mit Power Delivery verfügt, die sowohl als Aus- wie auch als Eingänge benutzt werden können und bis zu 60 Watt bei bis zu 20 V liefern. Damit kann ich nun auch mein Notebook und die DJI-Drohne unterwegs laden. Zudem ist der 220-V-Anschluss (100 W) nun direkt integriert ohne dass man einen Zusatzinverter kaufen müsste wie bisher. Benötigt habe ich ihn allerdings noch nicht, da USB-C und USB-A nun alle meine Geräte abdeckt. Das nun größere Display zeigt jetzt endlich übersichtlich die Ladeströme und -richtungen an.
Im Vergleich zu dem früher verwendeten Solarpanel (gespannt über den Backrollern am Fahrrad) ist dieses Solarpanel nun fest am Anhänger angeschraubt: Das führte zwar zu Garantieverlust und brachte die Gefahr der sofortigen Zerstörung mit sich, falls ich damit irgendwelche inneren Leiter oder Strukturen zerstört hätte, hat jetzt aber den sehr wertvollen Vorteil, dass ich es aus Angst vor Diebstahl nie beim Einkaufen oder Duschen auf dem Campingplatz einpacken muss, d.h. es erzeugt von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ununterbrochen Strom (sofern der Anhänger nicht gerade im Schatten steht). Dementsprechend lässt sich der Akku mit knapp 100 Wh auch locker an einem schönen Sommertag komplett aufladen!
Viele Trekking-Fahrer sagen ja, sie möchten unterwegs die Natur genießen – das mache ich auch. Allerdings gibt es auch Situationen, in denen ich ganz gerne etwas “psychologische Unterstützung” habe. So hat mir der Bluetooth-Lautsprecher BOOM 2 von Ultimate Ears schon bei mancher quälenden, nicht enden wollenden Straße in der skandinavischen Weite im Regen geholfen nicht die Motivation zu verlieren. 🙂 Möglich ist das, weil der Lautsprecher komplett wasserdicht und sogar untertauchbar ist. Da ich ihn mit einer Gummimanschette von innen an der Box befestigt habe, ist er im Prinzip auch diebstahlsicher.
Prinzipiell benutze ich ihn aber nur außerhalb von Ortschaften in wenig besiedelten Gebieten, da er doch recht laut sein kann…hat aber auch schon einige lustige Reaktionen wie im Vorgarten johlende Schweden provoziert. 😉
Vorteile mit Anhänger
- Stabile abschließbare Weber-Kupplung, d.h. der Anhänger ist fest mit dem Rad verbunden. Dadurch lässt sich auch das Rad weniger leicht stehlen.
- Ermöglicht deutlich mehr Gepäck oder auch Proviant mitzuführen.
- Transport drucksensibler Gegenstände (z.B. Kamera-Gimbal oder Drohne).
- Abschließbare Alu- und Plastikbox zur sicheren Verwahrung technischer Geräte gegen einfachen Diebstahl (Packtaschen sind leicht und schnell zu öffnen).
- Stromerzeugung durch Solarpanel und zwei Nabendynamos (ca. 20 W bei 20 km/h), d.h. Autarkie einigermaßen möglich mit vielen technischen Geräten, u.a. Notebook und Drohnen-Akkus überhaupt erst ladbar.
- Zwei Suchscheinwerfer für Nachtfahrten in schwierigem Gelände (Wurzeln, Pfützen, Matsch) oder beim Zeltaufbau etc.
- Entlastung der Hinterachse durch Verlagerung von Gewicht in den Anhänger (Vermeidung Speichenbruch).
- Getränke bleiben in der Alubox im Normalfall erstaunlich lange kühl, so dass Wasser bei 30 Grad Außentemperatur auch nachmittags noch trinkbar ist (ich mag den Geschmack warmen Wassers nicht 😉 ).
- Behebung eines Luxusproblems: Für mehrmonatige Touren kann ich einen Winter- und einen Sommerschlafsack mitnehmen.
- Seitliche Werbung für Spendenprojekte möglich.
- Bei Rückenwind “schiebt” der Anhänger.
- Musikbeschallung möglich
- “Flaggenmast”
Nachteile mit Anhänger
- Gewicht: Der Anhänger wiegt (in ausgebautem Zustand) leer ca. 20 kg.
- Das schränkt die Tagesreichweite ein (obwohl ich auch einmal über 110 km an zwei aufeinander folgenden Tagen fuhr/fahren musste).
- Fahrgefühl: Bei Gegenwind oder Steigungen fühlt sich das Gespann recht träge und schwer an.
- Weitere Technik, die unterwegs kaputt gehen könnte.
Und zu guter Letzt: Die Fahrradvase, die meine Ex-Freundin 2017 vor der Dänemark-Tour aus dem Hut zauberte. Erst wusste ich gar nicht wohin damit, weil mein Radlenker schon voll besetzt ist, aber am Anhänger fand sich dann doch noch ein Plätzchen. Ist manchmal ein ganz netter Aufhänger um mit Menschen unterwegs ins Gespräch zu kommen und bei dem ganzen Gewicht insgesamt fällt das nun auch nicht mehr ins Gewicht… 😉